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Antifaschist in Darmstadt ermordet

Am Freitag, den 21. März, wurde im Darmstädter Martinsviertel Atilla Kilıç mit mehreren Schüssen tödlich verletzt. Attila Kilıç war Antifaschist, AGIF-Aktivist (AGIF: "Föderation der Arbeitsimmigrant/Innen in Deutschland") und Gründungsmitglied bei Halkevi (Volkshaus) Darmstadt.

Auf deren Homepage wurde umgehend folgende Stellungnahme veröffentlicht: "Wir trauern um unser Gründungsmitglied, unseren Freund und Mitkämpfer Attila Kiliç, der am Freitagnachmittag vor seinem Haus hinterrücks erschossen wurde. ... Egal aus welchem Grund diese Tat geschah, mit ihm haben wir einen Freund, einen entschlossenen Kämpfer für Demokratie und Menschenrechte, einen aufrechten Antifaschisten und einen Internationalisten verloren."
Am 23. März fand im Alevitischen Verein in Darmstadt eine Gedenkfeier für Atilla Kiliç statt. Mehrere hundert Angehörige, Freunde, Genossinnen und Genossen nahmen daran teil. 
In Köln wurde 1999 in dem antifaschistischen Treffpunkt und AGIF Vereinsraum in Gremberg Humboldt der Aktivist Erol Ispir ermordet. Hier waren es türkischge Faschisten, die sich nach der Tat in der Türkei versteckt hielten.
Zur Situation in Köln 1999 wurde damals dieser Aufruf veröffentlicht:
Graue Wölfe heulen wieder - Der Mord an Erol Ispir in Köln-Kalk war
politisch motiviert
Veranstaltung zu den Hintergründen des Mordes an Erol Ispir und zu den
türkischen Faschisten. Mit einem Vortrag von Kemal Bozay, Mitautor des
Buches "Graue Wölfe heulen wieder".
Samstag, 21. 8. 1999, 15 Uhr, Arbeiter- und Jugendkulturverein,
Taunusstraße 12 a, Köln (Humboldt-Gremberg)
(U-Bahn Kalk-Post, S-Bahn Trimbornstraße)

Text des Einladungsflugblatts:
Am 1. Juli wurde unser Freund Erol Ispir umgebracht. Zwei Männer sind gegen
22 Uhr in das Vereinslokal von AGIF (Föderation der Arbeitsimmigrant/-innen
der Türkei in Deutschland) in der Taunusstraße 12 in Humboldt-Gremberg
gekommen und haben ihn erstochen. Sie wußten, daß er allein dort war.
Anschließend sind sie lachend aus dem Lokal gelaufen und haben noch eine
Scheibe zerschlagen. Erol war 33 Jahre alt.
Am 15. Juli hat sich einer der Täter, Ali. M. (21), der Kölner Polizei
gestellt, nachdem er vorher in die Türkei geflohen war. Er gab zu,
gemeinsam mit Selim Atil (22) den Mord begangen zu haben. Ali M. rechnet
sich dem nationalistischen Spektrum in der Türkei zu, behauptet aber, daß
der Mord kein politisches Motiv hatte. Diese Aussage wurde am nächsten Tag
in der Kölner Presse als unumstößliche Wahrheit verbreitet. So zitierte am
16. Juli der Express einen Polizisten: Es war kein politischer Mord.
Erol starb, weil sich zwei junge Männer nicht in der Gewalt hatten.
Noch vor zwei Wochen wußten Polizei und Presse anscheinend mehr: "Stunden
zuvor bestätigte die Kölner Polizei, daß die Tatverdächtigen einer
politischen Organisation angehören. Wie der Kölner Stadt-Anzeiger aus
Behördenkreisen erfuhr, sollen sich die Männer hier [im Café Bombastico an
Kalk-Post, ein Treffpunkt rechtsextremer Türken] Mut angetrunken haben.
 (Kölner Stadt-Anzeiger, 8.07.99, Einfügung in eckigen Klammern von uns).
Und ganz abgesehen davon: Ali M. und Selim Atil sind in Kalk schon seit
langem als Unterstützer der Grauen Wölfe bekannt.
Es gibt noch weitere Hinweise auf einen politischen Hintergrund:
- Seit der Entführung Abdullah Öcalans haben türkischer Staat und Medien
die Stimmung gegen Kurden und alle oppositionellen Kräfte kräftig
angeheizt. Bei den Wahlen vom 18. April bekam die faschistische MHP (die
Partei der Grauen Wölfe) über 18 Prozent der Stimmen (siehe auch unten).
- Seitdem gab es Gewalt von Grauen Wölfen auch hier in Köln: Am 8. Mai
wurde ein kurdischer Besucher unseres Vereins an Kalk Post von zwei Männern
aus der türkischen rechten Szene schwer zusammengeschlagen (3 Tage
Krankenhausaufenthalt). Mitte Juni wurde in Köln ein kurdisches Kulturcamp
von ca. 30 türkischen Faschisten angegriffen.
- Die Mahnwache für Erol in der Taunusstraße wurde ständig von türkischen
Faschisten bedroht.
 
Die türkischen Faschisten: Graue Wölfe/MHP
Die türkischen Faschisten sind Deutschland- und Europaweit organisiert. Sie
werden vom türkischen Staat unterstützt. Jeder ihrer äIdealistenvereineô
und auch ihre Moscheen sind Zweigstellen des türkischen Konsulats. Die
Partei der Faschisten ist die MHP, die "Partei der nationalen Bewegung"
(bekannt als Graue Wölfe, auf türkisch Bozkurt).
Bei den türkischen Parlamentswahlen vom 18. April bekam die MHP über 18
Prozent der Stimmen. Sie ist jetzt als zweitstärkste Partei in der
Regierung. Polizisten laufen mit MHP-Aufklebern auf ihren Waffen herum. 23
von türkischen Gerichten verurteilte MHP-Mörder sitzen im Parlament, einige
sind zu Ministern ernannt worden.
Brutaler Terror und Mord sind nichts neues für diese Leute. In den Jahren
vor dem Militärputsch 1980 haben die Terrorkommandos der Grauen Wölfe
Tausende von Gewerkschaftern, Arbeitern, Studenten, Schülern, Aleviten und
Kurden umgebracht. Diese Todesschwadronen werden von der türkischen Armee
gedeckt und von amerikanischen Militärberatern ausgebildet.
Nach dem Putsch 1980 haben sie dann verstärkt auch in Europa gemordet. 1981
hat der MHP-Killer Mehmet Ali Agca das Attentat auf Papst Johannes Paul den
Zweiten verübt. Im Auftrag der türkischen Regierung haben Graue Wölfe viele
armenische Oppositionelle umgebracht. Seit den 80er Jahren haben die
Faschisten den Drogenhandel von der Türkei nach Europa organisiert. Das war
alles von Ministerien und hohen Staatsbeamten gedeckt. Die engen
Verbindungen von Regierung, Armee, Polizei, Faschisten und organisiertem
Verbrechen wurden nach dem Susurluk-Vorfall von 1996 öffentlich bekannt. Es
gab einen Autounfall, bei dem ein hoher Polizeioffizier, ein Abgeordneter
der damaligen Regierungspartei und der MHP-Killer Çatli gemeinsam in einem
Auto saßen. Zwei von ihnen starben. Çatli hatte einen Diplomatenpaß dabei,
obwohl er angeblich auf der Fahndungsliste der türkischen Polizei und
Interpol stand.
Auch in Deutschland sind die Grauen Wölfe eng mit der organisierten
Kriminalität verflochten. Im März wurde ein MHP-Mann von einem Kölner
Gericht verurteilt. "Er galt in der Kölner Zentrale der Grauen Wölfe als
Mann für heikle Aufträge: In der Vernehmung ging es um Spendenerpressung,
um Entführung von Geschäftsleuten, bewaffnete Raubüberfälle" (Kölner
Stadt-Anzeiger vom 11.03.99).
Die MHP ist nach dem Militärputsch von 1980 kurz verboten gewesen. Sie war
aber weiter eine Hauptwaffe zur Unterdrückung jeglicher Opposition gegen
die Militärdiktatur. So wurden in den Großbetrieben, wie Energie- und
Autoindustrie nur noch Leute eingestellt, die eine Bescheinigung der
faschistischen Vereine vorlegen konnten. Die Grauen Wölfe hatten damals
weiterhin gute Verbindungen nach Deutschland, zu deutschen Nazis der NPD
und zur CDU. Graue Wölfe haben den Saalschutz bei einigen
CDU-Veranstaltungen gestellt.
Die politischen Ziele der Grauen Wölfe bzw. der Partei MHP passen zu ihren
blutigen Methoden: Sie wollen eine Großtürkei schaffen, die von Bosnien bis
nach China reicht. Die türkischen Faschisten sind genauso rassistisch wie
die deutschen Nazis: Kurden, Armenier und andere Minderheiten in der Türkei
sind für sie Untermenschen. Das unterscheidet sich nicht von der
offiziellen Staatsauffassung: "Dieses ist das Land der Türken. Wer nicht
rein von türkischer Herkunft ist, hat nur ein einziges Recht in diesem
Lande: Das Recht Diener zu werden, das Recht Sklave zu sein", so 1930 der
damalige türkische Justizminister.
Der Gründer und Führer der MHP war Alpaslan Türkes. Er ist 1997 gestorben.
Türkes war in den 40er Jahren Verbindungsmann der deutschen Nazi-Diktatur
zu den türkischen Faschisten. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges war er dann
bis 1958 in der türkischen Militärmission in Washington tätig und hatte
enge Verbindungen zum CIA und zum Pentagon.
Seit der Entführung von Abdullah Öcalan im Februar wurde in der Türkei eine
ganz schlimme Hetze gegen Kurden, Linke und jede demokratische Opposition
betrieben. Menschen wurden auf offener Straße ermordet. Mehrere
Studentenaktivisten und Gewerkschafter wurden festgenommen und einige unter
Folter umgebracht. Die Anwälte Öcalans wurden auf offener Straße verprügelt.
Und die Rot-Grüne deutsche Bundesregierung unterstützt das ganze und
liefert neue Kriegsausrüstung für den Krieg gegen die Kurden.  Deutsche
Geheimdienste und Polizei bilden in guter alter Tradition weiterhin
türkische Polizisten und Agenten aus.
Der nationale Sicherheitsrat, das ist eine Schattenregierung aus Militärs,
Polizei und einigen Ministern, hat vor kurzem erklärt, daß der Kampf gegen
die Opposition verstärkt in Europa geführt werden soll. Sie haben gesagt:
äSie wollen den Terroristen den Boden auch in Europa entziehen.
Der Mord an Erol gehört zum Auftakt einer neuen Eskalation der Gewalt von
rechts. Die Blutspur der faschistischen Morde ist lang: 1980 in Aachen und
Berlin, 1995 in Neumünster, 1996 in Hamburg und Mannheim, 1997 in Kiel und
jetzt hier in Köln. Schon 1980 war in Köln der berüchtigte MHP-Killer
Serdar Çelebi aktiv. Er hat die "Grauen Wölfe" europaweit organisiert.
Killer wie Serdar Çelebi, Oral Çelik, Abdullah Çatli und der
Papst-Attentäter Mehmet Ali Agca haben jeweils Dutzende von Menschen
umgebracht.
 

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